Sie standen zu fünft im Kreis an der Haltestelle. Ein
kleiner Kreis inmitten von vielen anderen, rund um die Einbuchtung, in der die
Busse hielten, die sie alle zu unterschiedlichen Orten brachten. Es wurde kalt,
die Blätter fielen im Wind hinunter, der Sommer war vorüber, aber niemand
glaubte das wirklich, wollte das glauben, niemand zog sich warm genug an
und sie alle froren. Eine der fünf war
sie. Sie kannte die vier anderen, also nicht wirklich, aber flüchtig, sah sie
oft, hatte mit niemandem was zu tun, aber mit ihnen immer noch mehr als mit
allen anderen, die dort standen und alleine stehen wollte sie doch auch nicht.
Die Rothaarige redete mit dem Kleinen mit der Brille über Physik und die
Lehrerin, die aussah wie eine Schülerin. Der Große mit der kleinen Nase redete
mit Ben, wahrscheinlich hieß Ben in Wirklichkeit Benjamin, aber das wusste sie
nicht, es war bloß eine Vermutung. Immerhin wusste sie seinen Namen, im
Gegensatz zu denen der anderen. Sie konnte sich gar nicht mehr daran erinnern
woher sie ihn kannte, aber sie war sich sicher, dass er so hieß. Mal hörte sie
bei dem Gespräch zu, mal bei einem anderen, doch mitreden wollte sie nicht. Wenn ihr Blick vorher ziellos durch die Runde
geschwiffen, durch die Lücken zwischen den Köpfen ins Leere und über die
Menschen hinaus gerichtet war, so hielt er jetzt an Ben fest. Noch nie hatte
sie ihn genauer angesehen. Im gleichen Moment fragte sie sich warum. Eigentlich
war er doch ganz okay. Also vom Äußeren her, mehr kannte sie noch nicht von ihm. Diese kleinen Bewegungen,
die er mit seiner Hand am Gurt seiner Tasche machte, irgendwie fesselten sie sie.
Eine ganze Weile hörte sie nirgends mehr zu und schaute nur diesen kleinen
Zuckungen seiner langen, knochigen, aber dennoch starken Finger über das feste
schwarze Band, an dessen Ende all seine
Bücher, Notizen, sein Kalender, sein Ausweis, an dem einfach alles hing, zu. Bis
sie begriff, dass sie diese Handbewegungen kannte, von den Videos der Musiker,
die sie liebte. Er spielte Gitarre auf seiner Tasche. Schnell und bestimmt
spielte er in echt auch, dachte sie sich. Da begann sie erst den Rest seines
Körpers wahrzunehmen. Die eingefallenen dunklen Augen, die großen Ohren, die
hellbraunen kurzen Haare. Sie erinnerte sich:
damals, als er auf ihre Schule kam, waren sie noch lang gewesen, wie bei allen
Jungs, abgesehen von vereinzelten Ausnahmen, zu der Zeit. Ihr Blick glitt zu
den breiten Schultern, den anderen Arm hinunter, bis zur anderen Hand. Er hielt einen schwarzen Ordner in ihr.
So einen ganz normalen, dunklen, dicken Ordner, wie ihn fast jeder Dritte
hier hatte. Aber er hielt ihn anders, fester, er trommelte zwar mit seinen
Fingerkuppen einen ihr unbekannten Rhythmus, mit einer Selbstverständlichkeit, die keine Taktfehler
zuließ, auf die Rückseite, doch es war Härter als das Gitarrenspiel am Gurt.
Jeder Schlag war hart und präzise und es kam ihr so vor als ob jedes Mal ein
Vorhängeschloss zufiel, wenn er einen seiner Finger auf die harte Pappe fallen ließ.
Der Ordner schien vollgestopft mit
Papieren zu sein, chaotisch eingeheftet, die Blätter allesamt mit diesen
kleinen Papierüberresten vom Kollegeblock noch am Rand. War ein Ordner nicht
dazu da um Ordnung zu halten, ging ihr durch den Kopf. Fest verschlossen, sodass
ihn von außen niemand öffnen kann. Nur um die Undordnung die dahinter steckte, nicht preisgeben zu
müssen. „Ben? Kommst du mit? Der Bus ist
da.“ Tönte von weiter hinten eine Mädchenstimme. Ben antwortete „Ja sofort. Warte kurz.“ Wieder dem Großen
zugewandt meinte er „Naja bis morgen, dann werden wir ja sehen ob sie mal
pünktlich den Unterricht beendet oder nicht“. Ben lief zum Bus, bekam ihn noch
und verlor im Laufen eines der Blätter, das sich aus seinem Ordner gelöst hatte
und unbemerkt auf den Bordstein fiel.
gefällt mir. schön geschrieben, liest sich gut.
AntwortenLöschenund beeindruckende koordinationsfähigkeitens scheint der junge ja zu haben, dass er mit einer hand gitarre und mit der anderen schlagzeug spielen kann. ;)
Danke :) !
AntwortenLöschenIst das jetzt positiv oder negativ? :D
AntwortenLöschenIch werde niemals Deutsch LK wählen, du kannst echt super schreiben, den Text finde ich auch wirklich toll!
Kann ich jetzt nicht soo...:D vor allem hasse ich Gedichtsanalysen. Das schlimmste überhaupt! :D und nächste Stunde müssen wir auch noch eigene Gedichte über Rollenklischees schreiebn -.-:'( Nein das würd ich auch nicht nehmen :D
NEIIIIIIN! Mensch, das ist ja wahnsinn! Oh mein Gott :D
AntwortenLöschenOh wie schön, aber das ist ja alles echt schon ewig her. Mein Güte! ♥
Wie lieb deine Worte, daaaankeschön! Ich mag dein Bild in der Sidebar total, richtig schön! :)
Mich freut's auch total, dann hören wir wohl wieder öfter voneinander in Zukunft!
Dicke Umarmung! ♥
lässt sich wirklich gut lesen, obwohl ich eigentlich eher der bild guck typ bin ;)
AntwortenLöschenSchau doch mal wieder bei mir vorbei, würde mich freuen! :)
Liebste Grüße, libertywalk.de
Wenn jemand zu einem Menschen mit Essstörung sagt, "ja, iss doch einfach", dann frag ich mich, ob ich über diese Dummheit lachen oder weinen soll.
AntwortenLöschenIch mag den Text. Mir gefällt vor allem dieser Ben, der eigentlich Benjamin heißt und Gitarre und Schlagzeug spielt und braune Haare hat WEIL DAS ALLES AUCH AUF MICH ZUTRIFFT, GRUSELIG :DDDD
Also allererstes Regel, wenn man mit mir auskommen will: Nenn mich Ben. Nicht Benjamin. Niemals. Nie. Nichtmal auf meiner Beerdigung. :DD
AntwortenLöschenUnd ich kann übrigens auch noch Klavier und sogar Querflöte, aber dazu hat mich mein Vater gezwungen, haha
Aber Text ist echt gut und ich bin bei Nachwuchsschreibern immer voll pingelig, auch wenn meine Meinung eh kein Stück zählt, haha
ohja das stimmt :D zu deinem text: ich mag ihn definitiv! als ich ihn das erste mal gelesen habe, fand ich den 3.satz zu lang, aber jetzt passt der irgendwie darein und man kann ihn trotz der länge gut verstehen. ich find die idee mit den händen total interessant und "neu" weil ich auf sowas nie gekommen wäre und auch nicht erwartet hätte. der titel weckt das interesse sodass man anfängt zu lesen und dann ist man so gefesselt. also insgesamt find ich ihn echt gut und ich hoff du verstehst wie ich das alles meine, ich hab soviel geschrieben :D
AntwortenLöschendas ist doch kein ding,du weisst ja dass ich deine texte mag :D aber bitte :) und ansonsten fällt mir nix ein/auf/um gerad
LöschenNicht meine guten. Die wissen, dass ich das nicht lustig finde. Ist was persönliches.
AntwortenLöschenHaha, mehr oder weniger :D
Ausnahmsweise, ICH FÜHLE MICH SO GEEHRT.
Du kannst echt sehr schöne schreiben :)
AntwortenLöschenDein Text gefällt mir, man hat das Gefühl man ist "live" dabei.
Anneke ♥
Danke für deinen ausführlichen Kommentar :)
AntwortenLöschenHast du Emilia Galotti freiwillig gelesen oder in der Schule als Lektüre ?
Anneke ♥
naja, 'n bisschen ungewöhnlich vielleicht. kann sein, dass es mir nur aufgefallen ist, weil ich selbst schlagzeug spiele. ich würd das nicht hinkriegen. oder liegts an meiner unfähigkeit an der gitarre? haha :D
AntwortenLöschenNichts zu danken. Immer wieder gerne :D
AntwortenLöschenJa, Paramore sind schon etwas besonderes <3
Interessanter Blogname :D Steckt da eine Abkürzung hinter oder einfach von dem Wort "hups"?
AntwortenLöschendein blog hat sowas eigenes, find ich total toll!! :)
AntwortenLöschenliebste grüße, mintgruenemacarons.blogspot.com ☺
vielen dank, das freut mich! :))
AntwortenLöschenja, ich liebe es!! glaub mir, das objektiv ist die investition wert! bist du denn mit der kamera zufrieden? ich hab da so meine probleme..
liebste grüße aus wien ☺